Werbeplakat für die Ausstellung Kiezfenster im Gemeinschaftshaus Neukölln

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Van Khanh, Rudow

Gelber Hintergrund, davor ein Mensch mit Schüssel und Essstäbchen

Seit über 40 Jahren bin ich in Deutschland, und seit 1997 wohne ich in Rudow mit meiner Familie, in einer 100-Quadratmeter-Wohnung in einem Plattenbau. Man sagt den Nachbarn guten Tag. Fünf Leute waren wir in der Wohnung, aber die Kinder sind nun ausgezogen. Es gibt über die Jahre mehrere jüngere Menschen in Rudow. Ich habe bei Siemens gearbeitet, und danach habe ich mich selbständig gemacht – ich habe China-Pfanne und Gemüse verkauft. Zuhause koche ich auch.

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I’ve been in Germany for over 40 years, and since 1997 I’ve lived in Rudow with my family, in a 100-square-meter apartment in a prefab building. We greet the neighbors with a “good day.” There used to be five of us in the apartment, but the children have now moved out. Over the years, more young people have come to Rudow. I worked at Siemens, and later I became self-employed — I sold stir-fried dishes and vegetables. At home, I also cook.

Karsten, Schillerkiez, Rollheimerdorf

Gelber Hintergrund, davor ein Mensch in Arbeitskleidung im Portrait

1993 bin ich aus meiner Wohnung ausgezogen und auf den Potsdamer Platz gezogen – damals gab es dort schon eine Bauwagensiedlung. Das hier ist Wohnen im Grünen, in Bauwagen zu leben ist wie eine Oase. Die Stadt braucht das Grüne, wir kümmern uns darum, wir machen nichts kaputt. Eine Frau hier ist Baumpflegerin. Jetzt haben wir nur noch die Hälfte der Bauwagen von früher: einen Werkstattwagen, eine Küche, ein Schlafzimmer, ein Wohnzimmer und einen Wagen für Gartengeräte und Fahrräder. Ich hatte auch einen Büro-Wagen, als ich berufstätig war. Ich wohne hier, weil ich gerne draußen bin. Meine Frau ist halbe Woche hier, halbe Woche in ihrer Eigentumswohnung. Zuhause ist, wo ich mich wohlfühle – ich brauche einen Garten und Luft. Wir organisieren uns selbst, mit gemeinsamem Wasser, Strom und Müllabfuhr. Ich bin Gründungsmitglied, wir haben 1995 den Verein gegründet. Das hier ist ein Perltier – es fährt immer mit in den Urlaub.

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In 1993 I moved out of my apartment and to Potsdamer Platz – there was already a trailer settlement there back then. This is living in the green; living in a trailer is like an oasis. The city needs its green spaces – we take care of them, we don’t destroy anything. One woman here is a tree caretaker. Now we only have half as many trailers as before: a workshop wagon, a kitchen, a bedroom, a living room, and one for garden tools and bicycles. I also had an office wagon when I was working. I live here because I like being outdoors. My wife spends half the week here, half in her own apartment. Home is where I feel comfortable – I need a garden and air. We organize everything ourselves, sharing water, electricity, and waste collection. I’m a founding member; we started the association in 1995. This is a pearl animal – it always comes with me on holiday.

Marea, zwischen Grenzallee und S-Bahn Neukölln

Gelber Hintergrund, davor ein Mensch im Portrait, der einen Kochlöffel in der Hand hält

Ich habe fünf Jahre in Neukölln gelebt, rund um den Hermannplatz. Berlin ist Wahnsinn – es war schwer, eine stabile Situation zu finden. Wo ich jetzt wohne, war Glück – ich war in einer Künstlerresidenz in Polen und hatte keinen Ort, an den ich zurückkehren konnte, und dort habe ich erfahren, dass ich hier unbegrenzt mit Freunden leben kann. Als ich ankam, haben mir die Leute Blumen und Kuchen dagelassen. Ich ging auf den Markt und kochte – das erste Kochen an einem Ort bedeutet, eine Beziehung zu diesem Raum aufzubauen. Ich lebe in einer queeren WG mit zwei anderen Menschen, einer seit zehn Jahren bestehenden Wohngemeinschaft. Die Küche ist der wichtigste Ort. Wir haben ein Vertrauen miteinander, es braucht keine zusätzliche Struktur. Wir kochen viel füreinander, im Haus riecht es immer nach Essen. In ein Zuhause zu kommen, das nach Essen duftet – das ist das Gemütlichste.

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I lived in Neukölln for five years, moving around Hermannplatz. Berlin is madness — it was hard finding a stable situation. Where I live now, it was luck — I was in an artist residency in Poland and had no place to return to, and there I found out I could live here indefinitely, with friends. When I arrived, people left me flowers and cake. I went to the market and cooked — the first cooking in a place is to build a relationship with the space. I live in a queer flat share with two other people, a ten-year-long WG. The kitchen is the most important place. We have a trust system, no need to give it more structure. We cook a lot for each other; there is always food happening in the house. Entering a home smelling like food — it’s the cosiest thing.

Wolfgang, Alt-Buckow

Gelber Hintergrund, davor ein Mensch im Portrait im Rucksack und Ziehwagen

Ich bin aus Kreuzberg SO36 nach Neukölln gezogen, um mit meiner damaligen Frau zusammenzuleben, zuerst in der Jonasstraße. Später wollten wir näher am Flughafen sein und zogen hierher. Nach der Trennung fand ich eine Wohnung in einem zehnstöckigen Gebäude aus den 80er-Jahren in der Nähe. Zwei Jahre später wurde das Haus von einer Genossenschaft übernommen. Die Miete ist nicht billiger, aber die Genossenschaft ist rücksichtsvoller – man kann hingehen und sagen, das kann ich nicht mehr bezahlen, und sie kommen einem entgegen. Es gibt vier Hausmeister, drei davon waren schon gleichzeitig in meiner Wohnung – wegen Schimmel. Zuhause bedeutet für mich: meine vier Wände, Musik hören, Radio, und Ruhe haben. In meiner Hand halte ich meinen Rolli – mit ihm verbringe ich viel Zeit, einkaufen, Prospekte lesen, Angebote vergleichen.

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I moved from Kreuzberg SO36 to Neukölln to live with my then wife, first in Jonasstraße. Later we wanted to be closer to the airport and moved here. After our separation, I found a flat in a ten-storey building from the 1980s close by. Two years later, the building was taken over by a housing cooperative. The rent isn’t cheaper, but the cooperative is more considerate – you can go and say you can’t pay, and they’ll help. There are four handymen; three of them have already been in my flat at the same time – because of mould. Home, for me, means my four walls, listening to music and the radio, and having peace. In my hand I hold my shopping trolley – I spend a lot of time with it, shopping, reading flyers, comparing offers.

Mbwéli, Schillerkiez

Gelber Hintergrund, davor ein Mensch im Portrait mit Plastikeinkaufstasche

Ich wohne im Schillerkiez, in einer 73-Quadratmeter-Wohnung, und ich lebe hier seit 12 Jahren. Ich habe ein Kind, und rund um die Kirche gibt es viele Aktivitäten für Kinder. Was sich über die Jahre verändert hat, ist die Miete – das Viertel wurde gentrifiziert, und die Mieten sind völlig explodiert. Viele Menschen sind weggezogen, nach Brandenburg, an Orte, wo sie mehr Platz für ihre Kinder haben. In meinem Haus lebt eine türkische Familie – wir teilen Essen, und ich kann mein Kind für eine Weile bei ihnen lassen, wenn ich etwas erledigen muss. Ich fühle mich hier wohl; alle sehen ein bisschen so aus wie ich. Es gibt ein Gefühl von Zusammenhalt in Neukölln – ich fühle mich hier zu Hause. Ich brauchte eine Tasche, in die alles hineinpasst – sie verbindet lateinamerikanische und afrikanische Motive, und ich identifiziere mich damit.

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I live in Schillerkiez, in a 73 sqm apartment, and I’ve been living here for 12 years. I have a child, and there are many activities for children around the church. What has changed over the years is the rent – the neighborhood has been gentrified, and the rent has completely escalated. Many people moved out, to Brandenburg, to places where they would have more space for their kids. There is a Turkish family in my building; we share food, and I can leave my child with them for a little while if I need to do something. I feel good here; everyone looks a little bit like me. There is a sense of togetherness in Neukölln – I feel at home. I needed a bag that could carry everything – it mixes Latin American and African motifs, and I identify with it.

Hatip, Hermannstraße

Gelber Hintergrund, davor ein Mensch im Portrait, in der Hand ein Blech voller Baklava

Ich wohne mit meinen Eltern, wir sind zu siebt, aber ein Achter ist unterwegs. Ich bin der Älteste, eine Art Vorbild. Es ist schön in meinem Kiez, wir haben einen Garten, wo wir grillen können – aber wenn es ruhiger wäre, wäre es schöner für mich. Ich treffe mich manchmal mit den Nachbarskindern. In Neukölln gibt es viel Chaos, es fühlt sich aber wie Heimat an. Es ist ein Gefühl von Zuhause. Die Wohnung ist gut, die Miete ist gut, aber wir suchen nach einer anderen Wohnung. Neukölln wäre schon gut, da mein ganzer Freundeskreis hier ist. Ich sehe meinen Vater nur früh und nachts, er arbeitet. Es ist ein Familienbetrieb – wir machen Königsringe, Halka auf Türkisch, auch Lokma und Tulumba. Ich helfe seit der Grundschule, aber richtig arbeiten mache ich seit Oktober.

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I live with my parents; there are seven of us, but an eighth is on the way. I’m the oldest, kind of a role model. It’s nice in my neighborhood — we have a garden where we can grill, but if it were quieter, I’d like it better. Sometimes I meet up with the neighbor kids. There’s a lot of chaos in Neukölln, but it still feels like home. It’s a feeling of belonging. The apartment is good, the rent is good, but we’re looking for another place. Staying in Neukölln would be best, since all my friends are here. I only see my father in the early morning and at night — he works. It’s a family business — we make Königsringe, Halka in Turkish, and also Lokma and Tulumba. I’ve been helping since primary school, but I’ve been working properly since October.

Rosh, Britz

Gelber Hintergrund, davor ein Mensch im Portrait, in der Hand ein Birkenzweig

Ich mag die Ruhe in Britz, die Natur ringsherum, aber wenn es darum geht, in Cafés zu gehen und Freunde zu treffen, würde ich eher den Schillerkiez als meinen Kiez bezeichnen. Wenn man die Erfahrung eines Immigranten gemacht hat, wird das eigene Konzept von Zuhause völlig durcheinandergewirbelt. Für mich ist es ein Ort, an dem ich ein Netz von Menschen habe – Menschen, mit denen ich mein Essen teilen und alltägliche Dinge machen kann. Je mehr dieser Menschen ich an einem Ort habe, desto mehr fühlt es sich nach Zuhause an. Diese Wohnung ist der erste Ort, der wirklich mir gehört, nach vielen Umzügen. Es ist sozialer Wohnungsbau, mit Mietregulierung. Ganz in der Nähe gibt es einen Busbahnhof – diese Gebäude wurden ursprünglich für BVG-Arbeiter gebaut. Es gibt auch eine kleine grüne Fläche, mit sehr niedlichen Krähen, schwarz und grau, typisch für Berlin – und vielen Füchsen. Diesen Ast habe ich im Winter bei einem Spaziergang mit meinem Partner gefunden. Wir haben ihn einfach aufgehoben und mit nach Hause genommen. Er heißt Hilda – sie hat eine Weile in der Küche gelebt, viel Platz eingenommen, jetzt steht sie auf dem Balkon.

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I like the calmness of Britz, the nature around, but in the sense of going to cafés and meeting friends, I would rather call Schillerkiez my Kiez. If you have an experience as an immigrant, your concept of home gets swirled up all over again. For me, it’s a place where I have a net of people — people I can share my food with, do everyday things with. The more of those people I have in a place, the more I feel at home. This apartment is the first place of my own after moving around. It’s social housing, with regulations on rent. Close to here, there’s a bus terminal — these buildings were initially built for BVG workers to live in. There’s also a cute green space nearby, with very cute crows, black and grey, specific to Berlin — and many foxes, too. I found this branch during a walk with my partner in winter. We just picked it up and took it home. It’s called Hilda — she lived in the kitchen for a while, taking up a lot of space, now she’s on the balcony.

Hidir, Rudow

Gelber Hintergrund, davor ein Mensch im Portrait, der einen Trinkbecher in der Hand hält

Ich bin vor drei Jahren aus Syrien gekommen, zusammen mit meiner Frau und unseren Kindern. Seit zehn Monaten leben wir nun in dieser Flüchtlingsunterkunft, in einer Vierzimmerwohnung. Es ist sehr gut für uns, weil wir zusammen sind. Bisher kennen wir nur Neukölln. Jeden Freitag treffen wir uns, um über unser Zusammenleben hier zu sprechen. Ein Mitarbeiter aus dem Büro erklärt uns die Regeln, die wir hier haben. Es gibt einen Gemeinschaftsraum und einen gemeinsamen Waschraum mit mehreren Maschinen – dort treffen wir oft andere Bewohner. Zuhause bedeutet für mich ein Familienhaus mit Garten. Aus dieser Thermoskanne trinke ich schwarzen Tee, wenn ich zu meinem Deutschkurs gehe. Im Moment mache ich eine Pause, weil ich eine Operation hatte.

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I came from Syria three years ago, together with my wife and our children. We have been living in this refugee accommodation for ten months now, in a four-room apartment. It is very good for us, because we are together. We only know Neukölln so far. Every Friday, we meet to talk about our shared life here. A staff member from the office explains the rules we have. There is a common room and a shared laundry room with several machines – that’s where we often meet other residents. Home, for me, means a family house with a garden. I drink black tea from this thermos when I go to my German class. At the moment, I’m taking a break because I had an operation.

Julia, Gropiusstadt

Gelber Hintergrund, davor ein Mensch im Portrait, der ein Bild in der Hand hält

Ich wohne seit 30 Jahren in einer Drei-Zimmer-Wohnung mit meiner Familie – mit meinem Mann und meinem Sohn. Mein Zuhause ist meine Burg. Egal, wie schön eine Veranstaltung war, ich komme gerne nach Hause. Ich klingele, und mein Mann macht auf und freut sich, dass ich zurück bin. In einer anderen Wohnung im gleichen Haus wohnt meine Mama, sie ist 92 Jahre alt. Es ist wichtig, dass wir nicht zusammen wohnen, aber in der Nähe. Wir sind immer bereit, ihr zu helfen. Gropiusstadt ist für mich wie ein Dorf – ich begrüße jede dritte Person. Ich habe viele Jahre mit Menschen gearbeitet und bin in Kontakt geblieben. Ich habe hier immer Impulse gegeben, um andere zu inspirieren – wir bleiben am Lebenspuls. Generationenübergreifende Treffpunkte sind wichtig. Ich fühle mich sehr gut in Gropiusstadt, es ist mein Zuhause. Mein Mann hat dieses Makramé selbst gemacht, aus 10.000 Knoten. Das lässt Platz zum Nachdenken, das gefällt mir.

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I have been living in a three-room apartment with my family – my husband and my son – for 30 years. My home is my castle. No matter how nice an event was, I’m always happy to come back home. I ring the bell, and my husband opens the door, happy that I’m back. In another apartment in the same building lives my mother – she’s 92 years old. It’s important that we don’t live together, but nearby. We are always ready to help her. Gropiusstadt is like a village for me – I greet every third person. I’ve worked with people for many years and stayed in touch. I’ve always tried to give impulses here, to inspire others – we stay connected to the pulse of life. Intergenerational meeting places are important. I feel very good in Gropiusstadt; it’s my home. My husband made this macramé himself, with 10,000 knots. It leaves room for reflection – I like that.

Van Bo, kiezunabhängig

Gelber Hintergrund, davor ein Mensch im Portrait, der ein Modellhaus präsentiert

Zuhause ist ein Ort, wo ich so akzeptiert werde, wie ich bin. Unsere Tiny Häuser sind auf Rädern und könnten überall stehen, wo auch Autos stehen. Ich mache Tiny Häuser seit ungefähr zehn Jahren. In Neukölln hatten wir Tiny Häuser am Columbiadamm – auch das „Tiny 100“, vor einer Moschee. In den Tiny Häusern, die wir gebaut haben, haben viele Menschen gewohnt – Menschen aus der Ukraine, Obdachlose … Tiny Häuser sind Pufferzonen, die zwischen einzelnen Individuen neue Räume schaffen. Sie machen den Straßenraum demokratischer. Das Auto ist ein privater Raum, auf den nur ganz wenige Zugriff haben, und Tiny Häuser öffnen den Raum für verschiedene Bevölkerungsgruppen. Das hier ist die kleinste Wohnung, die wir in Berlin bauen wollen – mit unserer Firma Gemeinwohlbau. Sie hat nur 9 qm und wird weniger als 350 Euro kosten.

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Home is a place where I’m accepted just as I am. Our tiny houses are on wheels and could stand anywhere cars can stand. I’ve been building tiny houses for about ten years. In Neukölln, we had tiny houses on Columbiadamm — including the “Tiny 100,” in front of a mosque. Many people have lived in the tiny houses we’ve built — people from Ukraine, people without housing… Tiny houses are buffer zones that create new spaces between individuals. They make the streets more democratic. A car is a private space that only very few have access to, while tiny houses open up space for different groups of people. This here is the smallest home we want to build in Berlin — with our company Gemeinwohlbau. It has only 9 square meters and will cost less than 350 euros.

Annette, Hasenheide, Nord-Neukölln

Gelber Hintergrund, davor ein Mensch im Portrait, der ein Bild mit Baummotiv in der Hand hält

In Neukölln wohne ich seit 17 Jahren, seitdem ich in Berlin bin. Von Anfang an war ich begeistert – meine erste Adresse war Karl-Marx-Straße, sehr wild, sehr laut, sehr bunt, habe ich geliebt. Jetzt lebe ich in einem Neubau, in einem sehr gepflegten Teil von Neukölln. Wir hatten Glück, wir drei alten Freundinnen, drei Wohnungen auf einem Flur zu bekommen. Jede hat ihre eigene Wohnung, aber wir teilen eine gewisse Gemeinsamkeit und Fürsorge füreinander. Unsere Gemeinschaftsräume sind unsere Wohnungen – man ruft an: Hast du Lust auf einen Kaffee? Dann trifft man sich. Ich würde gerne den Flur mit einem Sofa und Couchtisch einrichten, aber man darf das nicht. Das Zusammenleben im ganzen Haus ist schön, man redet sich mit dem Vornamen an. Über meinem Esstisch hängt das Bild „Schmetterlingsjägerin“. Es hing früher im Haus meiner Mutter – sie hat es geliebt. Ich habe mir damals Geschichten dazu ausgedacht, und als ich später Kinder hatte, haben sie das auch gemacht.

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I’ve been living in Neukölln for 17 years, since I came to Berlin. From the beginning I was thrilled – my first address was Karl-Marx-Straße, very wild, very loud, very colorful, I loved it. Now I live in a new building, in a very well-kept part of Neukölln. We were lucky – we three old friends got three apartments on the same corridor. Each of us has our own flat, but we share a sense of togetherness and care for one another. Our shared spaces are our homes – you call and ask: Do you feel like a coffee? Then we meet. I’d love to furnish the corridor with a sofa and coffee table, but that’s not allowed. Living together in the house is lovely, everyone calls each other by first names. Above my dining table hangs the painting Butterfly Huntress. It used to hang in my mother’s house – she loved it. Back then I would make up stories about it, and later, when I had children, they did the same.

Lucas, an der Grenze zwischen Neukölln und Treptow

Gelber Hintergrund, davor ein Mensch im Portrait, der eine mini-Schatztruhe in der Hand hält

Nachdem ich zwei Monate in dieser 40-Quadratmeter-Wohnung gelebt hatte, fand ich heraus, dass nur 50 Meter von meinem Gebäude entfernt die Berliner Mauer verlief. Ich habe das Gefühl, dass ich eine unsichtbare Mauer der Geschichte überquere. Ich mag meine Straße, weil ich mich nahe am Chaos von Neukölln fühle, aber auch ganz in der Nähe eines ruhigeren Viertels, Treptow. Ich sage immer, dass ich nicht in Berlin lebe, sondern in Neukölln. Ich scherze, dass mein Land Neukölln ist, weil die meisten meiner Freunde in Neukölln sind. Hier empfinde ich ein großes Gefühl von Freiheit – als queere Person, als Migrant. Zuhause ist für mich eine Art Tempel, ein Ort der Ruhe und der Rückkehr. Diese kleine Schachtel bewahrt unsichtbare Geheimnisse und die zerbrochene Perlenkette meiner Großmutter, die ich auch getragen habe – ein kleiner Schatz, der mich mit ihr, meiner Familie und meiner Sehnsucht nach Zuhause verbindet.

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After two months living in this apartment, I found out that just 50 meters from my building the Berlin Wall used to pass. I feel like I’m crossing an invisible wall of history. I like my street because I feel close to the chaos of Neukölln, but I’m also very close to another, calmer neighborhood, Treptow. I always say that I don’t live in Berlin, I live in Neukölln. I joke that my country is Neukölln, because most of my friends are in Neukölln. Here I feel a big sense of freedom, as a queer person, as an immigrant. Home, for me, is a kind of temple, a place of rest and return. This little box keeps invisible secrets and my grandmother’s broken pearl necklace, that I also wore — a small treasure that connects me to her, my family, and my longing for home.

Petra, Gropiusstadt

Gelber Hintergrund, davor ein Mensch im Portrait, der ein kleines Bild in der Hand hält

Petra, Lipschitzplatz, Gropiusstadt Ich wohne mit meinem Kater in einer 1,5-Zimmer-Wohnung seit 2019. Von meinem Balkon schaue ich bis nach Brandenburg. Es gibt viel Fluktuation, das Haus ist groß, ein Plattenbau aus den 70er-Jahren, das ganze Gropiusstadt ist Platte. Mit meinem Exmann wohnten wir schon in Neukölln, in Alt-Buckow, und ich wollte in der Umgebung bleiben. Seit 2015 habe ich mit Geflüchteten gearbeitet und dort Deutsch unterrichtet. Ich war auch im Gemeinschaftshaus ehrenamtlich gebunden und wollte in der Nähe bleiben. Ich wohne lieber allein – das kenne ich schon aus der DDR, damals mit Kindern. Ich bin froh, wenn ich meine Ruhe habe; ich habe sonst enorm viele Kontakte. Meine Wohnung ist mein Rückzugsort; Zuhause ist für mich vom Ort abhängig, nicht nur von der Wohnung. In dem Bild ist mein Sohn zu sehen – im Hintergrund eine kleine Tür in der Mauer zwischen dem ehemaligen Osten und Westen.

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I have lived with my cat in a one-and-a-half-room apartment since 2019. From my balcony I can see all the way to Brandenburg. There is a lot of fluctuation; the building is large, a prefab block from the 1970s, and all of Gropiusstadt is made of prefabs. I already lived in Neukölln with my ex-husband, in Alt-Buckow, and I wanted to stay in the area. Since 2015 I have worked with refugees, teaching German there. I was also volunteering at the Gemeinschaftshaus and wanted to remain nearby. I prefer living alone – I already experienced that in the GDR, back then with children. I’m glad when I have peace; otherwise, I have an enormous number of contacts. My apartment is my place of retreat; home, for me, depends on the place, not only on the flat. In the picture you see my son – in the background, a small door in the wall between the former East and West.

Simon, an der Grenze zwischen dem Schillerkiez und dem Rollbergkiez

Gelber Hintergrund, davor ein Mensch im Portrait, der ein Dose mti Müsli in der Hand hält

Ich wohne seit fünf Jahren in einem Hausprojekt, das lange H48 hieß, aus den 80er-Jahren. Wir wohnen in einem Fabrikgebäude in großen WGs – ich wohne mit acht Leuten, andere mit 14. Ein Hausprojekt ist ein selbstverwaltetes Haus. Ich schätze Neukölln für seine Heterogenität. Dieses Projekt wird es bald nicht mehr geben, weil wir von Verdrängung betroffen sind. Ich ziehe am Samstag hier aus. Es geht für mich in ein anderes Hausprojekt im Prenzlauer Berg. Hausprojekte halte ich für wichtige Strukturen, sie leisten viel, auch mietenpolitisch. Es entstehen solidarische Räume, in denen anders gelebt werden kann. Ich halte es für wichtig, dass Wohnraum in den Händen derjenigen ist, die darin wohnen. Beim Wohnen gibt es besonders viel Potenzial für Solidarität füreinander. Zuhause ist für mich ein Ort der Gemeinschaft, des Zusammentreffens, den man teilt und gemeinsam bewirtschaftet. Diese Haferflocken stehen symbolisch für dieses Miteinander und füreinander Sorgen – es gibt hier keine individuellen Lebensmittel.

Simon zieht aus – sieh das Video im Fenster um die Ecke, 19–22 Uhr.

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I’ve been living for five years in a housing project that was long known as H48, started in the 1980s. We live in a former factory building in large shared apartments – I live with eight people, others with fourteen. A housing project is a self-managed house. I appreciate Neukölln for its diversity. This project will soon no longer exist because we are affected by displacement. I’m moving out this Saturday – to another housing project in Prenzlauer Berg. I consider housing projects to be important structures; they contribute a lot, also in terms of rent politics. They create spaces of solidarity, where different ways of living become possible. I believe it’s important that housing remains in the hands of those who live in it. When it comes to housing, there is great potential for mutual solidarity. For me, home is a place of community, of coming together, that is shared and collectively managed. These oats symbolize this sense of togetherness and caring for one another – there are no individual food supplies here.

Simon moves out – watch the video in the window around the corner, 7–10 pm.

Hüseyin, Gropiusstadt

Gelber Hintergrund, davor ein Mensch im Portrait, der ein Glas mit Schwarztee in der Hand hält

Ich wohne alleine, seit zwei Jahren. Davor war ich in Dresden – dort ist meine Familie, Eltern, Onkel, viele. Hier ist es ruhig, angenehm, mit guten Einkaufsmöglichkeiten. Neukölln ist schön, es ist wie eine Heimat hier. Schwarzer Tee ist eine Gewohnheit, in jedem Haus kommt nach dem Essen schwarzer Tee, das hat man schon als Kind so erlebt. Ohne schwarzen Tee gibt es kein Zuhause. Man bietet Tee kostenlos in Läden an, weil die Kunden Gäste sind. Man gibt immer Tee an Gäste.

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I have lived alone for two years. Before that, I was in Dresden — my family is there: my parents, my uncle, many relatives. Here it’s quiet and pleasant, with good shopping options. Neukölln is nice; it feels like a home here. Black tea is a habit; in every house, after eating, there’s black tea — that’s how it’s always been since childhood. Without black tea, there is no home. People offer tea for free in shops because customers are considered guests. You always offer tea to guests.